Ich bin erst seit drei Tagen auf Sizilien, aber irgendwie ist schon wieder richtig viel in mir passiert!
Es ist, als würde ich jeden Tag innerlich 10cm wachsen und das tut irgendwie richtig gut 🙂
Yogini alleine on Tour
Ein großer Schritt war für mich definitiv, mich von meiner bisherigen Reisegruppe zu verabschieden und alleine weiter zu ziehen.
Mit der Truppe habe ich mich mega wohl gefühlt und es hat großen Spaß gemacht mit diesen coolen Leuten unterwegs zu sein, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass es Zeit für eine Veränderung ist.
Ich hatte schon ein bisschen Muffensausen als ich die Fähre nach Sizilien gebucht habe, aber ich war danach auch echt stolz auf mich! Es war klar, dass diese Phase des allein Reisens irgendwann kommen würde – und ganz plötzlich war sie da!
Ich war ziemlich aufgeregt, ein bisschen ängstlich aber gleichzeitig auch voller Vorfreude auf das was kommt. Ich war angefüllt mit wunderbaren Erinnerungen und hatte auch so viel innigen Kontakt zu Familie und Freunden zu Hause, dass ich mich überhaupt nicht alleine fühlte.
Es wächst ein Gefühl in mir heran, dass mein Wesen meinen Körper immer mehr ausfüllt. Ich bin keine leere Hülle, sondern ich bin da, fühle mich stark und lebendig, bin präsent, strahle.
Irgendwie schwierig das mit Worten zu beschreiben, aber es gibt mir die Kraft und Zuversicht, die ich für all das hier brauche.
Den eigenen Rhythmus finden
Auf der Überfahrt von Cagliari (Sardinien) nach Palermo (Sizilien) war ich ziemlich aufgeregt und die halbe Nacht am Schreiben für meinen Blog hier. Ich freute mich total, mir dafür jetzt mehr Zeit nehmen zu können.
Auf die tiefe Entspannung, von der ich im letzten Statusbericht geschrieben habe, folgte irgendwie bald eine innere Unruhe.
Erst dachte ich, ich müsse das Tempo etwas raus nehmen, wollte länger an einem Ort bleiben um auch äußerlich noch mehr zur Ruhe zu kommen, Zeit für mich zu haben.
Was ich aber wirklich brauchte, war einfach nur eine Veränderung des Status Quo. Eine, die mir erlaubte meinen eigenen Rhythmus zu finden: und das ist das allein Reisen.
Am Anfang dachte ich noch viel darüber nach, was andere in meiner Situation tun würden. Würden sie den teuren Aperol Spritz an der Bar auf der Fähre auch kaufen?
Würden sie schon wieder was Süßes zum Frühstück verputzen? Jeder andere würde doch sicher einmal nach Palermo in die Stadt rein fahren, wenn er schonmal da ist…
Plötzlich merkte ich, dass all das egal ist. Ich bin alleine hier, ich kann tun und lassen was ich will! Nur meine Meinung zählt, niemand ist da, um mich zu bewerten.
Der einzige Mensch, der mich bisher bewertet hat, war eh nur ich selbst. Wow, was für eine Befreiung, dass mein innerer Kritiker endlich die Klappe hält!
Es gibt keine Komfortzone mehr
Was mich fast täglich an meine Grenzen bringt und darüber hinaus ist, dass es beim allein Reisen keine Komfortzone gibt.
Es gibt niemand anderen, der die Entscheidungen für dich trifft. Es gibt niemanden, hinter dem man sich verstecken kann.
Niemand, der für dich plant. Tue es selbst und komme weiter, oder lasse es und bleib da wo du bist. So einfach ist das.
Manchmal bin ich ein echter Angsthase. Der Campingplatzbetreiber hat mir gleich zu Anfang gesagt, ich solle in Palermo in der Buslinie 101 gut auf meine Sachen aufpassen, weil dort viel geklaut wird.
Mit der Linie 101 muss ich aber fahren, wenn ich nach Palermo rein will.
Und ich habe echt mit mir gehadert, ob ich überhaupt hin fahren soll! Ob es sich denn lohnt, oder es besser ist es einfach bleiben zu lassen, das wäre zumindest sicherer…
Aber: ich hab´s letztendlich gemacht, ganz alleine. Schon allein, um meine Ängste zu überwinden. Und es war großartig!! Wie großartig, könnt Ihr gerne hier nachlesen 🙂
Und ganz viele solch kleiner Situationen erlebe ich hier jeden Tag.
Grenzen setzen
Was GANZ wichtig ist als allein reisende Frau, ist Grenzen zu setzen und diese auch deutlich auszustrahlen!
Ich bin sehr aufgeschlossen und freue mich über neue Kontakte, aber ich merke auch deutlich, wenn mir etwas zu schnell zu nahe geht. Dann fühle ich mich augenblicklich unwohl.
In der Vergangenheit gab es immer wieder kleine Situationen, wo ich meinen Standpunkt nicht verteidigt habe. Wo ich mich bequatschen und irgendwann zu etwas breit schlagen ließ, was ich eigentlich nicht wollte und was in dem Moment eigentlich meine Grenzen überschritt.
Sei es ein Kuss oder einfach nur so etwas Banales wie eine Tasse Kaffee mit jemandem zu trinken, obwohl ich gerade eigentlich lieber alleine gewesen wäre.
Das ist mir hier zum ersten Mal bewusst geworden und ich weiß, dass mir das jetzt nicht mehr passieren wird.
Damals war ich zu unsicher, es war mir wichtig zu gefallen oder ich wusste einfach nicht, wie ich nein sagen sollte, ohne den anderen zu verletzen. Dass aber ich bzw. meine Grenzen verletzt würden wenn ich nicht nein sage, so weit dachte ich damals gar nicht bzw. war mir das nicht so wichtig.
Jetzt stehen meine Grenzen an erster Stelle. Wenn ich etwas nicht möchte, sage ich das einmal freundlich, beim zweiten Mal sehr bestimmt.
Ich muss nur das, was ich will, tief in mir fühlen ohne selbst daran zu zweifeln. Dann strahle ich aus, dass es mir ernst ist und es ist es nicht so anstrengend es auch einzufordern 🙂
Je sicherer ich mir mit dem bin was ich sage, desto deutlicher merkt es auch das Gegenüber und akzeptiert so meine Grenzen leichter.
Schon allein dieses Bewusstsein, wo meine Grenzen liegen und dass ich von jetzt an dafür sorgen werde, dass sie eingehalten werden, gibt mir eine enorme Stärke und das Vertrauen in mich selbst, dass ich das was ich will auch wirklich durchsetzen kann.
Sich einfach mal treiben lassen
Ich finde, ich bin mutig geworden! Ich mache ständig Dinge, vor denen ich ein kleines bisschen Angst habe. Oder etwas milder ausgedrückt, vor denen ich mich irgendwie gerne drücken würde.
Außer natürlich, es gibt wirklich gute Gründe sie zu lassen. Oder ich habe einfach keine Lust darauf, das ist auch okay. Ich muss mir nicht mit Gewalt etwas beweisen.
Es handelt sich dabei um kleine Dinge, die für andere vielleicht ganz normal sind, aber nicht für mich. Und anstatt mich deswegen klein und schlecht zu fühlen, bin ich echt stolz auf mich, wenn ich sie geschafft habe! 🙂
Ich lebe in den Tag hinein, lasse mich treiben. Sehe mir an, was die neue Situation, der neue Ort zu bieten hat und schaue dann, was ich mache.
Sagt der Bauch es wird Zeit zu gehen, ziehe ich weiter. Wohin? Das sehe ich dann. Immer schön ein Schritt nach dem anderen.
Wie lang das so gehen soll? Das werde ich sehen 🙂 Mein Gefühl wird mir sagen wann es an der Zeit ist, wieder mehr Struktur in mein Leben zu bringen.
Ich tue nicht mehr wovon ich denke, dass andere das in meiner Situation tun würden, sondern das, worauf ich wirklich Lust habe. Und das bedeutet wahre Freiheit für mich!
Meist sind es nämlich gar nicht die anderen, die uns Grenzen setzen, sondern wir selbst. Unsere Ängste, unser innerer Kritiker, das Gefallen und Dazugehören wollen.
Mal ehrlich, wann steht wirklich jemand neben uns und sagt, „Nja, also DAS würde ICH jetzt NICHT tun…!“? All das findet nur in unserem Kopf statt, unseren Gedanken.
Wie gut, dass wir in der Lage sind zu entscheiden, wie wir mit unseren Gedanken umgehen und wie viel Gewicht wir ihnen geben 🙂
Und uns jeden Tag aufs Neue dazu entscheiden können: life is meant to be enjoyed – so I enjoy it now 🙂
Mein Tag heute fing mit meiner kaputten Tasche auch nicht wirklich gut an, aber anstatt mir zu sagen, „na toll, der Tag ist doch eh schon so gut wie gelaufen…“ war ich offen und neugierig und kam mit einem dicken Grinsen im Gesicht nach Hause zurück!