Manchmal denken wir, wir müssen uns alles hart erarbeiten, nur dann sind unsere Errungenschaften etwas wert. Unsere westliche Welt ist darauf programmiert, Ziele zu erreichen, immer besser zu werden. Wir ruhen uns nur wenig aus, denn wir wollen unsere Zeit so effektiv wie möglich nutzen. Am liebsten machen wir mehrere Dinge gleichzeitig, denn dann fühlen wir uns stark. Solange unser Körper und Gehirn auf Hochtouren laufen, ist auch gar keine Zeit, dass vielleicht Gefühle in uns aufkommen, mit denen unser Körper uns um eine Pause bittet.

Wenn unser Organismus herunter fährt, fährt der Geist mit.

Doch meist kommt irgendwann von ganz alleine eine Zeit, in der wir das Tempo drosseln, manchmal krankheitsbedingt, oder weil wir einfach merken, dass wir doch Pausen brauchen.

Oft fühlen wir uns dann ausgelaugt und verletzlich, weil unsere Batterien einfach schon viel zu leer sind. Und vor diesem Zustand fürchten wir uns, denn wir wollen uns nicht schwach fühlen. Wir haben Angst vor den Dingen, die in uns lauern, um uns in einem schwachen Moment zu überraschen und aus der Bahn zu werfen.

Doch soweit muss es gar nicht erst kommen. Gönnen wir uns nämlich regelmäßig kleine Pausen, einfach dann, wenn der Körper sie verlangt, powern wir uns nicht mehr bis zum geht nicht mehr aus und unsere Grundkonstitution bleibt auf einem energetisch höheren Niveau. Wir sind zufriedener, ausgeglichener und gesünder, weil die Berg- und Talfahrt unserer Kräfte nicht mehr so extrem ist.

Der Körper sagt uns was er braucht. Immer.

Wir müssen ihm nur zuhören. Und ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, dass man viel mehr schafft, wenn man sich konkrete kleine Ziele setzt und diese nacheinander abarbeitet, anstatt fünf Aufgaben parallel zu bearbeiten, von denen einem das gewünschte Ergebnis selbst nicht so ganz klar ist.

Auch im Yoga haben wir oft Asanas, an denen wir aktiv arbeiten wollen um uns zu verbessern. Wir wünschen uns mehr Beweglichkeit oder Kraft und bauen unsere Übungspraxis entsprechend auf.

Doch auch hier hören wir wieder nicht auf unseren Körper. Klar, es macht Spaß sich Ziele zu setzen, und ihnen durch Fleiß Schritt für Schritt näher zu kommen. Das ist menschlich und dazu sind wir hier, um unsere Menschlichkeit auszuleben.

Aber für mich ist ein wichtiger Teil von Yoga auch, meine innere Stimme wahrzunehmen. In mich hinein zu horchen, was mein Körper mir sagen will. Ich liebe es mir schöne Musik anzumachen, zu singen und mich davon überraschen zu lassen, wie mein Körper von ganz alleine in die Bewegung findet. Und welche Emotionen diese Bewegungen in mir hervorrufen.

Und egal was kommt, alles darf da sein, ohne analysiert zu werden, ohne es verstehen zu wollen. Es ist ein Experiment, man schlägt unbekannte Wege ein und gibt sich völlig dem Fluss des Lebens hin. Annehmen, was ich bin. Nicht tun, was mein Kopf denkt, dass richtig und gut wäre, sondern wonach mein Körper verlangt.

Der sanfte Weg nach innen

Wenn Dir diese intuitive Form Dich zu bewegen schwer fällt, kannst Du Dir auch einfach eine konkrete Asana für Deine Achtsamkeitspraxis aussuchen. Ich persönlich habe mich dazu für Uttanasana, die Vorbeuge entschieden. Durch das sich zusammen falten, das zurückziehen von der Außenwelt, bewirken Vorbeugen eine ganz natürliche Innenkehr unseres Geistes.

Wir sperren die Welt ein kleines bisschen aus, blicken und spüren nach innen. Wie fühlt sich mein Körper heute an? Welche Gefühle kommen bei diesem inneren Rückzug in mir auf? Wo ist meine innere Mitte?

Doch wenn der Ehrgeiz zu groß ist, kommen wir fast nicht ins Spüren, dringen nicht wirklich bis nach innen vor.

Im Sommer hatte ich ziemliche Verspannungen im Bereich des Nackens und der Brustwirbelsäule. Auch in dieser Zeit habe ich die Vorbeuge im Stil des Yin Yoga geübt.

Ich habe mir ein kleines Kissen unters Gesäß gelegt, damit mein Becken schon mal in einen komfortablen Winkel gebracht wird. Die Beine geschlossen nach vorne ausstrecken und dann einfach nach vorne abgeben.

Ohne Druck, ohne Zug, ohne Kraft. Nur das Gewicht des Körpers ist der Antrieb auf dem Weg nach unten. Durch leichte, pulsierende Drehbewegungen des Kopfes kann man schön in die beiden Rückenstrecker hineinspüren.

Atme tief in verspannte Bereiche Deines Nackens und Rückens hinein, bleibe dort für eine Weile mit Deiner ganzen Aufmerksamkeit und beobachte, wie Deine Muskeln weicher werden.

Oft saß ich 10-15 nur so da und habe meinen ganzen Rücken abgescannt. Bist Du, z.B. nach dem Aufstehen morgen noch etwas steif, kannst Du Deine Füße auch in Baddha Konasana aneinander legen, das ist nicht ganz so intensiv im Rücken wie mit gestreckten Beinen.

Take it easy

Und auf diese Art und Weise habe ich auch meine Winter-Vorbeugen geübt (mehr dazu findest Du in diesem Blog Post). Mit ganzer Hingabe, ohne Ehrgeiz. Ich hatte kein Ziel, sondern wollte mich nur spüren, wollte bei mir ankommen. Ein wenig entschleunigen.

Hinsehen, was dort drinnen, in mir ist. Ich habe mir erlaubt meine Tore nach innen zu öffnen, habe geforscht, wohin mein Atem geht, der sich selbst seine Räume in meinem Körper sucht. Eine kleine Reise zu mir, meinem seelischen und körperlichen Empfinden. Es tat mir gut, ganz ohne Ehrgeiz zu üben, mit Hingabe an den Fluss des Lebens, ein sich mitnehmen lassen und schauen, wohin es mich treibt.

Zu oft im Leben versuchen wir Dinge zu erreichen. Wir strengen uns an, geben Vollgas, tuen alles uns mögliche um ans Ziel zu kommen. Leider setzen wir uns dadurch oft Scheuklappen auf, die verhindern, dass wir nach links und rechts schauen. Wir brausen an vielen möglichen Erlebnissen und offenen Türen vorbei, weil wir keine Zeit haben anzuhalten.

Wenn es uns bestimmt ist, unser Ziel zu erreichen, werden wir auch dort ankommen. Schalten wir dazu einen Gang herunter, laden wir das Leben ein, uns noch andere Wege zum Ziel zu zeigen als die Autobahn. Vielleicht bedeutet dies einen kleinen Umweg zu machen, doch oft führen uns diese Umwege an die schönsten Orte!

Vielleicht hast Du auch Lust bekommen das Tempo etwas zu reduzieren, Dir vom Leben ein paar wunderschöne Umwege zeigen zu lassen und Deine Ziele mit mehr Freude und innerer Gelassenheit zu anzugehen 🙂 schenke Deine ganze Aufmerksamkeit einer Sache, die es auch wirklich wert ist und gehe so Schritt für Schritt voran.

Und vergiss dabei nie: life is meant to be enjoyed!

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